Ein eigenartiges Gefühl vor dem Brunch, weil ich mir nicht sicher war, wie ich mit dieser geballten Familienenergie umgehen würde. Die mittlere der Schwestern so freundlich, mich dem Neffen und seiner Partnerin als diejenige vorzustellen, die aufgrund langer Freundschaft gewissermaßen „dazu gehört“. Das hat mich sehr gerührt. Und dann wurde es natürlich ganz schön. So wie meist, wenn ich mich vorher innerlich sträube. 

Die Themen beim Essen nicht nur heiter. Wir machen uns Sorgen.  Brexit. Türkei. Der Krieg in Syrien. Trump. Nordkorea. Überall rasseln sie mit den Säbeln. Die älteste Schwester wollte es von uns wissen. Wir hören oder lesen so viel, dieser Artikel in der ZEIT z. B., der sehr gut beschrieben hat, wie sie in der Türkei mit kritischen Journalisten umgehen, das lesen wir, und dann tun wir was? Wir unterschreiben Petitionen. Aber das kann doch nicht alles sein. Müssen wir in eine Partei eintreten? Eine gründen? Uns noch mehr ehrenamtlich engagieren? Zu den Demonstrationen von Pulse of Europe gehen, um zu zeigen, dass uns Europa wichtig ist? Tatsächlich Briefe an Erdogan schreiben?

Ich habe mich gleich nach den jungen Leuten verabschiedet. Und bin immer an der Spree entlang zum S-Bahnhof Bellvue gelaufen. Die ersten 100 Meter unter Kastanien. Wie schön es da ist. Und wie oft ich früher diesen Weg gegangen bin. Wollte ich nicht längst dem Syrer diese Ecke von Berlin und meine Lieblingsspazierrouten gezeigt haben? In der S-Bahn dann ein paar verspätete Tränen.

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