Die Yogalehrerin hat gerade ihren Gong gespielt. Diesmal lag ich nicht direkt daneben. Manchmal habe ich mir die Hände über die Ohren gehalten. Doch trotz der Lautstärke sind mir diese Töne nicht unangenehm. Es kommt mir im Gegenteil so vor, als hätten sie eine reinigende Wirkung.  Am See stand ich heute ein paar Minuten mit geschlossenen Augen. So laut ist es dort. Dominierend das ineinander verschlungene Rauschen von Avus, S-Bahnen und Fernzügen.

Es dauerte eine Weile, bis das Klopfen des Spechts mich erreicht hatte. Auch den Wind hörte ich nicht gleich. Er brachte Bewegung in das kleine Waldstück hinter mir. Als die Blätter knirschten, wusste ich, dass der Hund aufgehört hatte, mich bewegungslos anzustarren.

Stiller wäre schöner. Es muss nicht gleich ein schalldichter Raum sein, in dem man nur sein Nervensystem und das eigene Blut rauschen hört. Einen hohen, einen tiefen Ton. Zumal ich das nachts in meinem Bett ja hören kann. John Cage hatte gestern in dem Film „Zeit für Stille“ davon erzählt.

Sie hätten uns seine Komposition 4’33 in voller Länge zumuten können und das ständige Reinquatschen sein lassen sollen. Das meinte die Nachbarin aus Schlachtensee vielleicht mit ihrem Kommentar „etwas sehr amerikanisch“. Sind das spezielle Züchtungen? Diese hohen schrillen Frauenstimmen? Überhaupt die vielen Fachleute, die wieder ihren Senf dazu geben durften. Als würde Masse die Qualität steigern. Vor allem aber war es mir viel zu laut so insgesamt.

Das war es dann auch in den Kneipen, die wir anschließend besichtigten. Entweder gab es keine vier freien Plätze, oder es war so laut, wir hätten uns nur schreiend verständigen können. Oder es roch nach Spülwasser und altem Hund. Echtes Zille-Milieu für den Hauptstadtbesucher. Am Ende wurde unsere Hartnäckigkeit aber belohnt. Im Café Bleibtreu gab es Wein und leckeres Brot, und bei dezentem Jazz konnten wir uns in aller Ruhe von zukünftigen Reisen in die Stille und anderen Abenteuern erzählen.

(Liebe N., ich weiß, dass Du neuerdings hier liest. Das ist auch schön, oder nett, oder….Aber wenn Du noch mal der Dame (oder dem Herrn) hinter der Kinokasse lautstark erzählst, geradezu trompetest, dass wir alle Rentner sind, dass wir nämlich einen Rentnerausflug machen heute Abend, es könnte sein, dass ich meine Contenance verliere.)

2 Kommentare

  1. Niri
    geschrieben am 8. Dezember 2017 um 07:46 Uhr| Permalink

    Liebe Nanetti, kann nicht versprechen, dass das nicht wieder vorkommt, da ist halt mein englischer Humor mit Rosenkohl! LG

  2. Nanette
    geschrieben am 11. Dezember 2017 um 10:06 Uhr| Permalink

    Hab ick befürchtet.

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