Als kleinen Dank für mein schönes Fahrrad habe ich den Mopedfahrer und seinen Freund ins Barberini eingeladen. Da kann man das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden, dachte ich mir. Am Montag Vormittag muss man sich dafür mit fünf oder sechs anderen vor einem Bild drängeln und unverhoffte Schritte nach hinten vermeiden. Notizen mit dem Kugelschreiber sind nicht erlaubt, vielleicht könnte da jemand irgendwo einen Punkt? Ein freundlicher Mann von der Aufsicht schenkte mir dann einen kleinen, viel zu harten  Bleistift. 

„Was soll nicht alles meine Sache sein- Nur meine eigene Sache“ Das steht u. a. auf dem Selbstporträt von Willi Wolf von 1970. Die Sätze kamen mir bekannt vor, aber über Max Stirner, von dem sie eigentlich stammen, habe ich eben erst auf Wikipedia gelesen. War das in diesem Kontext ein Affront gegen den offiziellen Kunst- und Kulturbetrieb der DDR?

Joachim Jansongs Photokollagen mochte ich sehr. Druckgrafiken mit fotografischen Überblendungen. „Selbst, noch in Leipzig“ von 1985 wirft Fragen auf. Der Künstler schaut entschlossen in die Kamera. Darunter ein Brief von einer Galerie aus Japan. Er also noch in Leipzig.  Zu einer Zeit, als so viele schon auf dem Weg in den Westen waren. War er deswegen stolz auf sich? Oder sollte dieses „noch“ eher eine Drohung sein? Vielleicht gab es auch über ihn einen kleinen Film, aber als wir den großen Raum mit der Leinwand entdeckten, ganz oben nämlich, da waren wir schon übersättigt. Unser Fassungsvermögen schon überschritten.

Der Freund des Mopedfahrers hat die DDR 1977 verlassen, ein paar Jahre früher als ich. Eigentlich ist es ein Wunder, dass wir uns jetzt nach so vielen Jahren Kunst aus der DDR anschauen. Und feststellen, dass sie sich gar nicht so anbiederte. Zumindest ich habe das in meinem jugendlichen Zorn damals so gesehen, mehr vermutet eigentlich, als dass ich wusste. Aber so streng zu sein, das ist eben ein Vorrecht der Jugend.

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