Nach zehn Tagen Prignitz eine Woche Stadt. Ich schlafe bei den Schwestern, die mir mehr als nur ihr Gästesofa anbieten. Bei ihnen kann ich lachen und weinen, manchmal beides gleichzeitig. Nie muss ich irgendwie sein oder mir Mühe geben. In Zeiten wie diesen, in denen ich mich heimatlos und verlassen fühle, ein großes Geschenk.

Frau L. findet mich komisch im Sinne von eigenartig. Haben Sie wirklich geglaubt, Sie könnten das allein schaffen? Habe ich. Ich habe doch dieses wunderbare Buch von Ihnen, da steht alles drin. Ich mache ein Retreat, ich schreibe, meditiere, und dann, nach zehn oder zwanzig Tagen, dann habe ich es geschafft. Dann ist der Liebeskummer fort und ich bin wieder ich. Wäre noch die Frage, wer ich eigentlich bin.

Typisch für mich, sagt Frau L. Immer noch würde ich glauben, ich müsste alles mit mir allein ausmachen. Stimmt. Aber ich lerne. Dazu gehört auch, dass ich um Hilfe bitte, wenn ich erkenne, dass ich mich geirrt habe.

Im Konzert von Miten und Premal sitze ich neben den Schwestern, wir singen Hu Allah Hu, ein altes Sufi-Lied, der ganze Saal singt, und Menschen, die sich nicht kennen, umarmen sich. Eigentlich bin ich zum Verkaufen von CDs da. Und nun weine ich. Und bin froh.

Wir fahren zum Einkaufen nach Schlachtensee, trinken wie früher in Wohngemeinschaftszeiten Cappuccino in dem kleinen italienischen Laden, es dauert eine Weile, bis wir bedient werden, hier wenigstens hat sich nichts geändert.

Wir gehen ins Kino, jede ein wenig traurig, in sich gekehrt, jede aus anderen Gründen, und dann schläft die eine und die andere raschelt mit der Tüte. Hinterher lachen wir.

Wir arbeiten im Garten, wir kochen, essen, sitzen auf dem Dreiersofa bei Wein und Salzgebäck und versuchen zu verstehen, worum es in dem Krimi geht.

Und jetzt vermisse ich mein schwarzes Notizbuch. Überlege, ob es in der Prignitz ist oder in Nikolassee.  Egal, ich will mich doch sowieso verabschieden. Von Berlin. Von Dingen sowieso.

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