Heute fahre ich – mit einem Abstecher über Havelberg zur Massage – in mein neues Zuhause. Worauf ich mich seit ein paar Tagen auch wieder freue. Nicht nur, weil ich vermisst werde. Von den Vögeln, die an das Fenster klopfen, dem Kater, der vor meiner Tür sitzt, der Freundin, mit der ich lange nicht kaffeetisiert habe. Der Garten soll kaum wiederzuerkennen sein. So schön. Hier in meinem alten Zuhause habe ich ausgiebig Abschied genommen. Mit Wehmut und Tränen immer mal wieder. Jetzt spüre ich, dass tatsächlich Platz für Neues entstanden ist. Dabei mag ich Abschiede überhaupt nicht. Der Schmerz über den Verlust – bei meiner Ausreise aus der DDR z. B. – der kam manchmal mit vielen Jahren Verspätung. Diesmal also pünktlich.

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eine Schmuckschatulle mit Intarsienarbeiten aus Perlmutt für 4 Euronen verkauft. So sieht es nach einer Stunde aus. Und ich bin ein wenig geknickt. Aber dann nimmt die Angelegenheit Fahrt auf. Die Einnahmen sind trotzdem bescheiden, aber das ist normal, wenn die Dinge – Kleinmöbel, Bücher, CDs, Schallplatten, Geschirr – für ein oder zwei Euro abgegeben werden. In gute Hände natürlich. Gartentrödel eben. Aber ich freue mich, weil ich überhaupt ein paar Sachen loswerde, vor allem aber, weil die Gespräche mit Besuchern so nett sind. Immer mal überlegen wir – der Hausmann, der gute Geist, hat die schweren Sachen nach draußen getragen, mittags brät er den Leberkäs, kocht später Kaffee, serviert den Kuchen – warum wir so etwas nicht früher gemacht haben.

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in die Vogeltränke gefüllt, kommt Frau Amsel zum Bade. Über die Wiese hüpft eine Maus. Ich kann sie ohne Brille erkennen. Eigentlich wollte ich nur die Osho-Bücher zählen, damit ich sie zwischen zwei Interessenten gerecht aufteilen kann, aber dann bin ich auch noch einmal durch die Buchreihen in meinen Regalen gegangen. Briefe, Tagebücher, autobiografische Texte werde ich behalten. Auch Fotobücher. Schon war ich am Sortieren. Und habe mich in Jurek Beckers Briefen festgelesen. Die mich vor vielen Jahren begeistert hatten. Schon der Titel des Buches ist so gut. „Ihr Unvergleichlichen“. Mit dieser Anrede hatte er Inge und Stefan Heym bedacht.

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Die Clematis hat so viele Blüten wie lange nicht. Auch die Rosen protzen, der Mohn ist stark und üppig, überall leuchtet und duftet es. Wenn das kein zünftiger Abschied ist. Wäre er nur nicht so lang. Und würde ich mich morgens nicht so klein fühlen. Der Berg wird gar nicht kleiner. Das Geschirr. Die Bücher. Die Tische und Stühle. Geputzt. Mit Wachs behandelt. Ausgemessen. Fotografiert. Fotos verschickt. Vage Zusagen. Vom Syrer. Von Freunden. Von Bekannten. Einige wollen in den nächsten Tagen kommen und Dinge mitnehmen. Trotzdem liegt mir all das Zeug auf der Seele. Hat mich in seinen Klauen. Ich kann Menschen verstehen, die sich nicht vom Fleck bewegen, die sich nicht vorstellen können, wie sie das Haus, die Wohnung auflösen sollen.

 

Hundebetreuung freu ich mich, dass ich morgens wieder unbeschwert im Bett sitzen kann. Wenn es sein müsste sogar bis zum Mittag. Wenn ich doch mal bis mittags schlafen könnte. Dann wäre ich vielleicht nicht so müde. Auch heute war ich kurz nach 6 wach. Wach, aber nicht munter. Dabei habe ich mich kurz nach Mitternacht von den letzten unserer kleinen Runde verabschiedet. Der Iraker – unser Mann am Grill – ist als erster gegangen. Aber er hat auch den weitesten Weg. Glücklich ist er in seiner Wohnung nicht. Sie ist feucht, vor den Fenstern stapelt sich immer noch der Bauschutt. Dafür hat er endlich eine richtige Aufenthaltserlaubnis und eine Freundin. Sogar von Heirat ist die Rede. Diese jungen Leute. Da sieht man sie mal ein paar Wochen nicht, und zack.

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lehnt den angebotenen Kaffee ab. Davon bekommt er Herzklopfen, sagt er strahlend. Ein netter Mann, umsichtig, sehr freundlich, der einen Assistenten gebrauchen könnte, aber keinen findet. Andererseits weiß er gar nicht, ob er jungen Menschen noch zu diesem Beruf raten würde. Schlecht bezahlt und nicht wirklich geschätzt. Das tut mir leid. Der Klempner, der eine halbe Stunde später ins Haus kommt – ich scheine einen schlechten Einfluss auf die Toilettenspülung zu haben, letztes Jahr hat sie bei meinem Einsatz hier auch schon versagt – nimmt gern ein Tässchen. Gerne mit Milch, ohne Zucker. Er hält Diät, sagt er und klopft sich auf den beachtlichen Bauch.

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steht eine Familie auf der Straße. Ob ich den Hund vielleicht an die Leine nehmen könnte. Ein junger Eichelhäher ist aus dem Nest gefallen, jetzt sitzt er unten am Baum und gibt jämmerliche Töne von sich. Die Eltern waren schon da, haben ihn gefüttert. Aber wenn er nicht fliegt, dann steht es schlecht um ihn. Offensichtlich beobachten die vier das Geschehen schon eine Weile. Natürlich nehme ich das Fräulein an die Leine, die sich allerdings mehr für die beiden Jungen interessiert. Mich rührt der kleine Vogel. Wahrscheinlich, weil ich mich gestern Abend für einen Moment auch gefühlt habe, als wäre ich aus dem Nest gefallen.

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herrscht morgens eine besondere Stimmung. Ich würde mich nicht wundern, wenn hinter einer der Hecken Dornröschen schliefe. Da das Fräulein immer noch läufig ist, bin ich lieber nicht auf den üblichen Hundewegen unterwegs. Die Begegnung mit einem Rüden kann anstrengend sein. Da mein Fuß längst noch nicht in Ordnung ist, habe ich keine Lust, über eine Leine zu stolpern. Wir treffen eine junge Hundedame, die von der zupackenden Begeisterung des Fräuleins überfordert ist. Wir trennen uns schnell im gegenseitigen Einvernehmen. Auf einem verwilderten Grundstück läuft ein Fuchs. Auch er hat uns gesehen. Er bleibt stehen und beobachtet uns. Vielleicht sorgt er sich um seinen Nachwuchs.

 

bin ich beim Hausmann eingeladen. Nicht nur, dass ich es sehr mag, mich an einen gedeckten Tisch zu setzen, ich habe auch gleich ein Ziel für den Hundespaziergang. Nebeneinander sitzen wir auf der Bank, die Sonne im Nacken, vom Nachbarn schwappt Fliederduft zu uns herüber. Die grünen Bohnen sind überaus köstlich, ebenso der Salat. Auch der mitgebrachte Rhabarberkuchen gefällt zum Dessert. Es gibt nur noch diese Bank, sämtliche Gartenstühle sind defekt. Geht ihr nur, scheinen sie zu sagen. Wir haben unseren Dienst getan. Da wird mir gleich wehmütig ums Herz. In solchen Situationen möchte ich manchmal aufbrechen und irgendwohin fahren. Wenn dies nicht möglich ist, tut es aber auch ein Gin Tonic.