Zwei Leute vom Jobcenter haben sich angekündigt. Sie waren schon einmal da, um das Zimmer unseres jungen Syrers in Augenschein zu nehmen. Das ist wohl üblich, wenn jemand Geld für eine Erstausstattung (Möbel usw.) beantragt hat. Da muss vor Ort auf Plausibilität geprüft werden. Nur war unser  junger Mann da gar nicht da, deswegen heute ein richtiger Termin. Vorher sitze ich mit ihm im Garten, wir unterhalten uns über die Schwierigkeiten der deutschen Sprache. Er hat Humor, das mag ich ganz besonders an ihm. Neben seiner Hilfsbereitschaft, seinem Wissensdrang.

„Die Menschen sprechen so schnell. Verstehe ich nicht. Kann man sagen, du redest wie ein Wasserfall?“  Was er so alles lernt. „Zu mir kannst du das sagen. Bei einer offiziellen Person wäre ich vorsichtig. Also im Jobcenter.“ Er grinst. Das hat er sich natürlich schon gedacht.

Ein Anruf auf meinem Handy. Die Jobcenter-Leute sitzen draußen in ihrem Auto und überlegen, wo wir sind. Wir haben die Klingel nicht gehört. Die beiden sind sehr nett, sie schreiben alles auf, was Aussicht auf Erstattung hat. Dazu gehört auch ein eigener Kühlschrank. Aus religiösen Gründen. Sofa, Bett, Tisch, Stuhl, Vorhänge, diese Dinge sowieso. Und wenn der Syrer mal eine eigene Wohnung hat, dann kann er natürlich noch einmal Geld für Elektrogeräte beantragen. Es entstehen ihm also keine Nachteile dadurch, dass er jetzt in einer WG lebt und wir hier ja all diese Dinge bereits haben und gemeinsam nutzen.

Leider reden auch die beiden wie ein Wasserfall, so dass es für unseren jungen Mann schwierig ist. Aber Humor haben sie, und auf Nachfrage geben sie zu, dass man ihnen das mit dem Wasserfall ruhig auch so sagen könnte. Sie sind nämlich die Guten. Und verstehen Spaß. Das versteht dann auch der Syrer. Wir verabschieden uns, als wären wir alle alte Freunde.

Dann kommt der Mopedfahrer angeknattert, er hat tatsächlich Schreib- und Nähmaschine dabei. Beides vermutlich aus den 50er-Jahren und vom ihm persönlich „befreit“. So nennen er und seine Kumpel das, wenn sie alte Fahrräder oder elektrische Geräte vor dem Sperrmüll bewahren bzw. reparieren und wieder funktionstüchtig machen. Ich hatte ein wenig herum gefragt und zwei Freundinnen gefunden, die an den Geräten interessiert sind.

Nun muss ich nur noch in den See. Weil es vermutlich der letzte warme Tag ist, und weil der See viel wärmer als die Ostsee ist. Was natürlich nicht stimmt. Aber dafür kann ich mich später in der Sauna aufwärmen. Anscheinend habe ich ein gutes Händchen. Wir sind die einzigen Gäste. Und entspannen zwischen den Saunagängen auf der Dachterrasse, wo sich sogar Sterne bewundern lassen. Ich erzähle von den schwierigen Nächten, und dass ich es gerade in diesen Stunden bedaure, Atheistin zu sein. Zweifelnde zwar, aber egal. Und schon sind wir in einem regen Gedankenaustausch. „Wenn der Gott, den du vermisst, dich so annehmen soll, wie du bist, dann wäre ja mal die Frage interessant, ob du dich selbst so annehmen kannst.“ Darüber denke ich immer noch nach.

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