Als ich kam, flatterte hier noch der Spanier herum. Seine Sachen stehen eingepackt in Umzugskisten im Wohnzimmer, sie werden angeblich morgen abgeholt. Angeblich, weil er angeblich auch mehrere Stunden geputzt hat. Und weil das angeblich alles ist, was ihm gehört. Die zwei alten Matratzen im Dachgiebel wollte er uns heimlich hier lassen. Miss Marple findet so etwas natürlich. Von Putzen kann auch nicht die Rede sein. Es ist mir ein Rätsel, wie man in vier Monaten Bad und Toilette in einem derartigen Zustand versetzen kann.

Der Syrer freut sich, mich zu sehen. Das rührt mich immer wieder. Er hat die C1-Prüfung bestanden, das ist die gute Nachricht. Aber er möchte auch ausziehen. Seinen Cousin bei sich aufnehmen. Die Spanierin hat den Job im Nationalpark nicht bekommen, wird also noch eine Weile in Berlin bleiben. Sie jetzt jetzt auf Platz 14 der spanischen Bewerberliste angekommen. Vielleicht haben sie in ein paar Monaten etwas für sie auf einer der Inseln.

Vielleicht wäre  jetzt der richtige Zeitpunkt, das Projekt interkulturelle Wohngemeinschaft zu beenden. Oder soll ich etwa bis an mein Lebensende in dem Heim  für verwirrte Jungmänner und Jungfrauen die Herbergsleiterin geben? Der Hausmann möchte diesen Job nicht. Vielleicht sollte ich Lotto spielen. Aber würde ich dann ein derartiges Sanierungsprojekt kaufen? Eher nicht.

Wie gut, dass ich morgen noch einmal wegfahre. Noch eine Gnadenfrist, ein kleiner Aufschub, bevor Lösungen für die anstehenden Probleme gefunden werden müssen. Noch einmal nach Semlin, weil der Eindrittelkoch dort seinen 65sten mit mir feiern möchte. Vorher werde ich noch ein Inserat bei nebenan.de aufgeben. Vielleicht hat jemand Möbel, mit denen wir das freie Zimmer für die Thailänderin einrichten können. Und dann packe ich neu.

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