Mittwochs um 10.30 Uhr sitzt jede für sich an dem Ort, an dem sie sich gerade befindet und erinnert sich schreibend fünfzehn Minuten lang.  Falls wir nicht vergessen, dass wir uns erinnern wollten. So hatten wir uns das letzten Oktober nach dem Besuch der Ausstellung im C/O  überlegt, die Schreibfreundin und ich. Nicholas Nixon hatte uns mit seinem Projekt über die Brown-Sisters inspiriert. Wir wollten auch regelmäßig etwas machen, am liebsten ein gemeinsames Projekt. Dabei ist dann dieses wöchentliche Erinnern herausgekommen.

Ich habe mich schon gestern an meine Rudower Freundin erinnert. Es ist jetzt ein Jahr her, dass sie gestorben ist. Vorhin musste ich an einen meiner letzten Besuche im Krankenhaus denken. Drinnen im Zimmer dieses grüne Dämmerlicht, die Atemgeräusche der sterbenden Freundin, dazu das Piepen der Geräte, und draußen dieses gleißende Licht, das frische Grün, das Boot mit den weißen Segeln, das vor mir auf dem See schaukelte. Abschied und Neuanfang.

Ich war traurig und verwirrt. Lachte und weinte abwechselnd. Schrieb darüber ein paar Sätze einem Mann, deutlich jünger als ich, der mich zwei Stunden zuvor auf dem Online-Portal angechattet hatte. Er schrieb mir nicht nur einfühlsame Worte zurück, er bot auch an, sich spontan mit mir zu treffen, er wäre ein guter Zuhörer. Das wollte ich aber gar nicht. Wir hatten danach nie wieder Kontakt, allerdings bin ich noch heute darüber erstaunt, wie getröstet ich mich von den Worten dieses Fremden fühlte. Erstaunt und dankbar.

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