Als ich schniefend den Abspann an mir vorübergleiten ließ – Herr W. strich tröstend über meine Hand – konnte ich mir nicht vorstellen, dass ich in Bälde etwas essen würde. Doch nicht, nachdem sie mir mein Herz so angerissen hatten. Mit derartig sparsamen Mitteln. Immer waren es die Blicke, die keine Worte brauchten, die mich getroffen hatten. John, der seinen vierjährigen Sohn Michael anschaut. Der durch die Fensterscheiben, die er beruflich putzt, auf andere Leben schaut. Auf Leben, das noch so viel vor sich haben und oft ganz anders sind als sein eigenes.

Oder der kleine Michael, der seinen Vater ansieht. Der erstaunt und skeptisch auf die Menschen blickt, die er neuerdings mit ihm besucht. Ich wusste ja längst, was der Kleine noch nicht wusste. Dass sein Vater bald sterben würde, dass er auf der Suche nach Adoptionseltern für seinen Jungen war.

Und natürlich wussten wir auch, dass die eine Familie zwar Geld hatte, aber dass es trotzdem nicht passte, und wir glaubten genau wie der kleine Michael nicht, dass sich in der Familie mit den verschiedenen Pflegekindern alle lieb hatten. Und diesem Paar, das sich einer echten Herausforderung stellen wollte – eine Adoption wäre sozusagen ideal – dem würden wir genau wie John nicht mal ein Kaninchen überlassen. Himmel. Was für Entscheidungen Menschen manchmal treffen müssen.

Uberto Pasolini hatte der Zeitschrift Variety erzählt, dass er in einer Tageszeitung von einem jungen Mann gelesen hatte, der totkrank war, nur noch wenige Monate zu leben hatte und deswegen nach einer Familie für seinen kleinen Sohn suchte. Er hatte aus Datenschutzgründen keine weiteren Informationen bekommen, aber der Plot war da. Zu wissen, dass da wirklich ein junger Vater diesen Weg gegangen ist, machte mir den Film nicht gerade leichter. Trotzdem war ich nach „Nowhere special“ nicht nur traurig, ich fühlte mich eigenartigerweise auch ein wenig getröstet, wie ich in der Kneipe merkte, als wir uns dem überaus leckeren Wildschweinburger (wenn Schwein, dann wild) widmeten.

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