Vorgestern hatte mich Google Maps als erstes zu sandigen Wegen geführt, auf denen ich mit meinem Bike versunken bin, und nachdem ich mich für eine andere Route entschieden hatte, sollte ich plötzlich über Kopfsteinpflaster hoppeln. Meine Laune mal wieder unterirdisch. Daran änderten auch die sommerlich duftenden Wiesen und Felder, die vielen Storchsichtungen nichts. Der Ausflug nach Havelberg wurde abgebrochen. Nicht mit mir. Immerhin habe ich 25 km zurückgelegt, das zählt dann auch als Bewegung, selbst wenn ich mit Unterstützung (kleinste Stufe) fahre.

Gestern ein zweiter Versuch, diesmal mit Bahn und Bus. Wahrscheinlich bin ich einmal ums Karree, aber ich habe ja Zeit, und für eine gute Massage lohnt der Aufwand. Der Zug angenehm kühl, angenehm leer, da ist mir gleich ein Ausflug nach Wittenberge in den Sinn gekommen. Das ist ja gerade mal eine halbe Stunde von Neustadt entfernt. Wenn es kühler ist.

In Glöwe kam ich mir vor wie aus der Zeit gefallen. Zurück in die 70er. Vielleicht hat der Aufschwung Ost eine neue Bushaltestelle beschert, aber sonst? Ich lese mit Vergnügen das Buch von Dirk Oschmann. „Der Osten eine westdeutsche Erfindung“. Ja, man kann es als Polemik lesen, aber er arbeitet mit Zahlen, Statistiken, die sind ja nachprüfbar, außerdem wissen die meisten Menschen doch sowieso Bescheid. Die im Osten jedenfalls. Das Buch erregt vor allem den Ärger mittelalterlicher (60 +) weißer West-Männer. Das wundert mich nicht. Sind sie es doch, die vieles, was im Osten nach dem Beitritt – Ilko-Sascha Kowalczuk nannte es Übernahme – schief gelaufen ist, zu verantworten haben.

Parallel zu diesem Text hat mir eine der Nachbarinnen das Buch von Katja Hoyer „Diesseits der Mauer – Eine neue Geschichte der DDR 1949 – 1990“ ausgeliehen, das ich gerade am Anfang mit Schauern gelesen habe. Es ist das eine, von den stalinistischen Säuberungen zu wissen, von den Einzelschicksalen der Menschen zu lesen, die vor Hitler nach Russland geflohen sind – Kommunisten, Sozialisten meist – ist eine andere Sache. Es ist so absurd und schrecklich, dass man sie in vielen Fällen erst in Deutschland inhaftiert, grausam gefoltert hatte, und dann ist ihnen in Russlund dasselbe passiert, nur dass man sie dort am Ende umgebracht hatte. Gerade dieses Kapitel hat mich besonders berührt. Frau Hoyer erzählt Geschichte auch anhand von Einzelschicksalen und versucht so, ein Gesamtbild zu entwerfen. Auch ihr wirft man vor, sie würde die DDR verklären. Ich frage mich ja gelegentlich, ob Kritiker die Bücher gelesen, ob sie sich mit dem Werk eines Wissenschaftlers beschäftigt haben.

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