Ciabattas belegen, den Kunden ein schönes Wochenende wünschen, mit den gesammelten Unterlagen zum Jobcenter. Bringen sie Belege über die von ihnen getätigten Ausgabe im Rahmen ihrer Selbständigkeit und füllen sie die Anlage EKS aus. Geschätzte Einkünfte August 2011 bis Januar 2012. Und das pronto. Eine derartige Aufforderung lässt man sich nicht zweimal sagen.

Stau im Erdgeschoss, die Schalter im zweiten Stock sind geschlossen. Aber weil ich nur etwas abgeben möchte, darf ich an Schalter 4, wo die Reihe nicht gar so lang ist. Man wartet ohne Murren. Der Mann hinter der Scheibe schwitzt, er würde gern schneller, das sieht man, aber schneller geht nicht.

Ich möchte, dass er sich ein wenig entspannt. Er hofft, dass sich die Situation bald ändert und stellt mir, ohne dass ich ihn dazu überreden muss, eine Bescheinigung über die von mir abgelieferten Formulare und Unterlagen aus. Natürlich biete ich ihm meine Hilfe an. Ich bin schnell am PC, von schneller Auffassungsgabe ebenfalls, und ich könnte in der selben Zeit…, na lassen wir das. Er ist erstaunt, offensichtlich hat ihm noch niemand einen derartigen Vorschlag gemacht, aber das Jobcenter hätte wohl tatsächlich vor kurzem ein paar Jobs ausgeschrieben. In Luckenwalde. Soll ich jetzt nach Luckenwalde?

Vor dem Jobcenter stehen zwei junge Frauen mit Fragebögen oder Unterlagen, sie sprechen einige derer an, die aus der Tür heraus kommen, und das beobachte ich eine Weile von der anderen Straßenseite. Machen sie eine Umfrage? Wollen sie etwas verkaufen? Ich erinnere mich an die 100 Strangers, die man für das gleichnamige Flickr Portal portraitieren kann, learning by doing, auch für Anfänger geeignet und eine großartige Idee, wie ich finde, und deswegen spreche ich eine der jungen Frauen an und frage, ob ich ein Foto von ihr machen darf. Ich darf.

Guiseppina ist 21 und wurde im Alter von fünf Jahren von ihrer Großmutter aus Italien nach Deutschland geholt. Sie spricht kaum italienisch, das ist schade, und versucht hier und heute, vor dem Jobcenter Kundenbetreuer für ein Unternehmen zu gewinnen. Diese Arbeit wird sie noch bis Januar machen, danach möchte sie ihr Abitur nachholen.

Später versuche ich, einen Flickr Account anzulegen, dieses und andere Fotos hochzuladen, ein Icon von mir zu erstellen, mich bei den 100 Strangers anzumelden, und auf halber Strecke verlässt mich beinahe der Elan. Warum muss das alles so umständlich sein? Geht es nicht auch einfacher? Geht es nicht, und eigentlich habe ich mich ja schon daran gewöhnt. Ein ganz normaler Tag also.

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