Das war zumindest im Film die Botschaft, die Louise von Salomés Vater seiner Tochter  hinterlassen hatte. Er hatte das wilde Mädchen gefördert (die einzige Tochter nach fünf Jungen), das sich schon früh den üblichen Konventionen verweigerte. Mit 16 brüskierte sie den predigenden Pfarrer in der Kirche mit der Frage, ob Gott auch im Teufel stecke, und gleichzeitig studierte sie – angeregt von einem moderneren Pfarrer – Philosophie und theologische Fragen. Ein interessantes Frauenschicksal, ungewöhnlich für diese Zeit, in der Frauen vor allem Gattin und Mutter zu sein hatten. 

Ich war froh, dass Lou ihr Gelübde dann doch noch gebrochen hat. Nur auf geistiger Ebene mit Männern verkehren, das stelle ich mir langfristig doch etwas langweilig vor. Vielleicht hätte es nicht unbedingt Rilke sein müssen, dessen Werben sie als erstes nachgab, aber Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden. Und dass es vor allem seine weibliche Seite war, von der sie sich angezogen fühlte, das habe ich dann wieder verstanden. Auf alle Fälle macht der Film Lust, noch mehr über diese Frau zu lesen.

Die Holländerin hat sich über die Musik geärgert, immer das gleiche Motto auf dem Klavier, und ich fand die Postkartenlandschaften störend. Dass die junge Lou blaue, die ältere dann braune Augen hatte, ist mir allerdings entgangen. Der Holländerin nicht. Wir haben das beim Essen am Savignyplatz erörtert.

Eigentlich war ich schon auf dem Heimweg, bin dann aber noch einmal zurück zum Cinema und habe mir auch noch den Film mit Isabelle Huppert angesehen. Alles was kommt. Eine Frau, Nathalie, wird nach 25 Jahren von ihrem Mann verlassen. Die Kinder sind aus dem Haus, die Mutter ist psychisch krank und fordert immer mehr Aufmerksamkeit, der Verlag, in dem Nathalie mitarbeitet, will ihren Büchern nicht nur ein zeitgemäßeres Outfit verpassen, und ihr einstiger Lieblingsschüler wirft ihr vor,  dass sie selbst sich in ihrem Leben eingerichtet hat, dass sie nicht radikal sei. Aber das möchte sie auch gar nicht sein. Sie möchte keine Revolutionen anzetteln. Ihr kleines Ziel ist es, ihre Schüler zu einem selbstständigen Denken anzuregen. Was, wie ich finde, schon eine Menge ist. Und was aus den Revolutionen wird, kann man ja immer wieder beobachten.

Ein unaufgeregter Film, der eine Frau zeigt, die sich ohne Sentimentalitäten dem Leben stellt. Einem intellektuellem, behüteten Leben allerdings, in dem Altersarmut und existentielle Krisen nicht vorkommen. Hat mir trotzdem oder vielleicht auch deswegen gefallen.

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