Die Waden schmerzen immer noch, aber das Laufen geht besser, als ich befürchtet hatte. Trotzdem bin ich froh, dass wir heute nicht wandern sondern uns ausruhen. Gestern der obligatorische Osterbrunch in Nikolassee. Der Mann hatte etwas von „wir können auch hin laufen“ gesagt, aber das wird er nicht ernst gemeint haben. Sonst hätte ich ihn wohl dazu überreden müssen, mit dem Auto zu fahren. Was nicht nötig war.
Ein festlich gedeckter Tisch, es duftet nach Kaffee, jeder stellt die Dinge dazu, die er mitgebracht hat. Selbst gemachte Pasten, Marmelade, Quiche, Torte, ein Teller mit kunstvoll gefärbten Eiern, die Gefahr des Verhungerns mal wieder nicht gegeben.
Nach der ersten Stärkung raus in den Garten. Angeblich hat jemand den Osterhasen gesehen. Die Schwestern schubsen sich gegenseitig, jede will mehr Eier als die andere finden. Da kann ich mir vorstellen, wie die drei als Kinder waren. Ich verspüre immer einen Anflug von Neid, wenn ich sie miteinander beobachte. Ihre Vertrautheit und Zuneigung, wenn sie sich treffen und miteinander schnattern, als hätten sie sich Monate nicht gesehen, wo die letzte Zusammenkunft doch gerade mal zwei Tage her ist.
Kinderphantasien. Wenn ich doch eine Schwester hätte. Von der ich die Pullover anziehen könnte. Und einen großen Bruder. Der mich vor den blöden Zwillingen schützt, die mir in regelmäßigen Abständen kurz vor dem Konsum auflauern und an meinen Zöpfen ziehen und mir schlimmeres androhen. Schlimmeres ist nie passiert, aber was bin ich für Umwege gegangen, damit die Biester mich nicht erwischen.
Als junge Frau wusste ich dann irgendwann, dass es nicht mehr klappt mit Brüderchen und Schwesterchen, dass mir also nichts andres übrig bleibt, als mir selber Schwestern und Brüder zu suchen. Menschen, die mir etwas bedeuten, die ich nicht mehr missen will im Leben. Freunde eben. Mit ihnen lässt sich so ein kleiner Neid dann aushalten.