Als ich in die Klinik komme, sitzt die Freundin schon auf ihrem Bett, bereit für einen kleinen Gang vor die Tür. Der Infektion geht es an den Kragen, die Kanülen sind entfernt. Eine schmerzhafte Prozedur. Und da plötzlich auch noch die Luft knapp geworden ist, musste die Lunge punktiert, musste Wasser abgepumpt werden. Auch dieser Eingriff unangenehm und schmerzhaft, aber das vergisst man so schnell, sagt sie.

Obwohl sie schwach ist, verletzt, obwohl sie sich beim Gehen auf meinen Arm stützen muss, ist sie schon wieder optimistisch. So, wie ich sie in den letzten Wochen meist erlebt habe. Ein Sonnenschein, wahrscheinlich nicht nur für mich.

Später bei den Schwestern auf der Terrasse. Ein Nachbar hat gesprengt, es riecht nach feuchter Erde, nach Sommer. Unser letzter gemeinsamer Abend, bevor ich wieder aufs Land fahre. Wir albern herum, erzählen in die aufkommende Dunkelheit hinein von unserem Tag, und dann diskutieren wir, ob Unsicherheit tatsächlich das einzig Sichere im Leben ist.

Wenn ich mich nicht länger an die Hoffnung klammere, dass es irgendwann besser wird, könnte ich mich doch eigentlich entspannen. Wenn ich akzeptiere, dass es bleibt, wie es ist. Jetzt, in diesem Moment. Der Körper wird auch in Zukunft schmerzen. Menschen werden krank. Menschen sterben. Sie hören auf, mich zu lieben, und ich werde auch niemals so wunderbar sein, oder so anders als heute, dass ein Mann mich für den Rest seines oder meinetwegen auch nur meines Lebens lieben wird. Eine erfolgreiche Autorin werde ich vermutlich auch nicht, stattdessen ist es durchaus möglich, dass ich eines Tages arm bin. Alt, krank und tattrig könnte noch dazu kommen. Naturkatastrophen nicht mitgerechnet.

Eigenartigerweise lösen diese Vorstellungen keine Angst aus. Ich fühle mich leicht und lebendig wie lange nicht. Als hätte ich es endlich verstanden. Gib die Hoffnung auf.

Einen Kommentar schreiben

Ihre Daten werden niemals an Andere weiter gegeben.
Die Email-Adresse wird nicht angezeigt. Notwendige Felder sind so markiert: *

*
*