und ich friere schon den ganzen Tag. Dabei habe ich die Heizung aufgedreht und mich zusätzlich in ein dickes Tuch gewickelt. Die kranke Freundin ist seit Montag wieder in der Klinik, ich habe es erst heute erfahren. In zwei Wochen sollte die Reha anfangen. Alle hatten gedacht, die Operation wäre so gut verlaufen. Und jetzt zeigt sich der Krebs plötzlich von seiner fiesen Seite. Eine Infektion. Der Körper kämpft mit den mühselig eingenähten Kanülen, die man nun wieder entfernen muss. Ihr ist übel, sie spuckt, hängt am Tropf.
Bisher war sie so stark, so hoffnungsvoll, jetzt weint sie das erste Mal. Als ich den Hörer auflege, habe ich das Gefühl, mir würde das Herz brechen. Mein eigener Kummer scheint mir plötzlich klein.

In einer Mail lese ich, dass der Vater eines Freundes gestorben ist. Er ist sehr alt geworden, das ist vielleicht ein kleiner Trost. Von zwei anderen Freundinnen sind Vater und Mutter schwer erkrankt. Man muss mit dem Schlimmsten rechnen. Es ist das Alter, sagt K., da passieren diese Dinge. Sie meint natürlich unser Alter. Etwas in mir sträubt sich. Ich habe vorläufig genug von schlechten Nachrichten.

Zum Entspannen ein Spaziergang über die Rehwiese, alles ist saftig grün, dieser Duft, Vögel zwitschern, und wäre da nicht meine für Erinnerungen anfällige Gefühlslage, könnte ich den Gang vielleicht genießen. Aber so. Hier bin ich doch auch mit ihm.

Mein Weg führt mich zur neuen Konditorei an der Potsdamer Straße, wo es angeblich noch besseren Mohnkuchen geben soll als im Café Buchwald. Ich stehe vor der Kuchenvitrine und staune. Sie beziehen ihre Torten, die Blechkuchen und die kleinen feinen Törtchen von einem Bäcker in Poznan. Alles frisch. Alles Handarbeit. Und für einen Moment vergesse ich alles Unangenehme. Nur noch die milde Süße des Mohnkuchens zählt.

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