Morgens ist der See am schönsten. Die vielen Badegäste, die ihn tagsüber bevölkern, sind noch zu Hause in ihren Wohnungen. In Neukölln, Kreuzberg, Moabit, Prenzlauer Berg. Leider haben viele von ihnen die dumme Angewohnheit, abends ihren Müll hier liegen zu lassen, daran hat sich in den letzten Jahren nichts geändert.

Der Specht klopft heute im Nachbargarten. Auf dem Dach läuft Katze Lisa herum, die eigentlich ein Haus weiter wohnt. Im Garten ist es angenehm frisch. Ich trage eine Bolerojacke, die ich spätestens in einer Stunde wieder ablegen werde. Weil dann die große Hitze kommt, die schon das einfache Sitzen im Garten anstrengend macht. Wie angenehm ist es dann im Haus, im Erdgeschoss.

Als ich gestern auf den letzten Drücker bei den Schwestern ankam, saßen da schon drei Damen aufgelöst beieinander, wo bleibst du denn, die wichtigen Dinge hast du jetzt verpasst, Vorspiel, Nationalhymne, setz dich, nimm dir eine Bionade, gib mir auch eine, mein Gott ist das aufregend. Und dann dieses schnelle erste Tor, wir kamen aus der Aufregung gar nicht mehr heraus.

In der Pause ein kleiner Imbiss, hektisch, aber lecker. Tomate mit Mozzarella. Gefüllte Weinblätter. Griechisches Kräuterbrot. Angeblich waren wir so aufgeregt, dass wir gar nichts essen konnten, dann ging es natürlich doch.

In der zweiten Halbzeit dann weiter auf der emotionalen Achterbahn. Von dem, was Béla Réthy vermutlich klug kommentierte, konnte ich nur die Hälfte verstehen, weil ständig eine der drei am Schreien oder Jammern war, meist alle drei zusammen. Pass doch auf, mach dies, tu das, der hat Hand gespielt, das war gar kein Foul, das war jetzt aber fies, warum geht da keiner mit, und K., die neben mir auf dem Sofa saß, musste unbedingt immer wieder erwähnen, dass auch die Argentinier gut wären. Ja, aber nicht gut genug.

Die Begeisterung in Nikolassee ist eher verhalten. Keine Böllerschüsse. Die Leute springen nicht vor die Tür und schreien, damit es auch die Nachbarn hören, noblesse oblige oder so. Da bin ich aus Tiergarten doch andere Emotionen gewöhnt. Und die Basdorfer erst. Aber vielleicht brauchen die Menschen hier eine Aufwärmphase. Vielleicht lassen sie am Mittwoch alle Hemmungen fallen und tanzen auf der Rehwiese Polka.

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