Frühstück im Koffie Salon. Wo man stundenlang in der ersten Etage sitzen könnte, das geschäftige Treiben von oben beobachten, falls man es überhaupt unfallfrei in die erste Etage geschafft hat. Überall diese steilen Stufen, in Wilmas Penthouse, in den meisten Restaurants, den Museen. Der Schwierigkeitsgrad im Koffie Salon im mittleren Level, aber mit Tassen, Tellern, köstlich belegten Baguettes, die man auf einem Tablett oder einzeln von unten nach oben transportiert, steigt die Spannung. Glücklich, wenn einem auf der Hälfte des Parcours jemand von oben eine helfende Hand entgegen streckt bzw. ein paar Dinge abnimmt.

Immer an den Grachten entlang ins FOAM, eines der beiden Museen für Fotografie, wo Bilder von Inez van Lamsweerde und Vinoodh Matadin gezeigt werden. Die Welt der Mode und Models, cool und bunt, aber auch ungewohnte Portraits von namhaften Künstlern. Bill Murray mit Blumen im stoppligen Bart, Tom Cruise vor allem nass, sehr oft Kate Moss, berührt werde ich nur selten. Eine glatte, schöne Welt, wo es doch um den Kontrast zwischen Schönheit und Horror gehen soll.

Ausdrucksstark im Vergleich dazu die Fotos des diesjährigen Preisträgers Alexander Gronsky, dessen dokumentarische Landschaftsbilder mich mit ihrer Kargheit bannen. Hochhäuser wie vom Reißbrett, russische Winterlandschaften, der Mensch eher eine Randerscheinung. Man kann allein vom ansehen melancholisch werden, und doch gibt es kleine Lichtblicke. Ein alter Teppich, der zum Lüften draußen hängt. Rote Bänke in einem tristen Park.

Nach zwei Stunden machen wir uns auf den Weg zu unserem nächsten Ziel. Zu Fuß Richtung Hauptbahnhof, dort ist die öffentliche Bibliothek, die größte Europas übrigens, die nicht nur architektonisch interessant ist. Täglich von 9 bis 22 Uhr geöffnet, frei zugänglich für jeden, und vom Café in der siebenten Etage hat man einen fantastischen Blick auf Amsterdam.

Vorher eine kleine Pause in der Zeedijk, entspannt sitzen wir vor einer der vielen Kneipen auf einer schmalen Bank und tun es den Touristen und Amsterdamern nach, die ihr Bier gern im Freien trinken, von Haus zu Haus Dönekins erzählen, die Nachmittagssonne genießen.

Das „Goodies“ steht in unserem Reiseführer, angeblich gibt es dort leckere Pasta. Leider ist um 22 Uhr Schluss, und schon kurz nach 9 sind wir die einzigen Gäste. Das Essen war vorzüglich, aber um den Tag entspannt ausklingen zu lassen, unser letzter immerhin, brauchen wir eine andere Umgebung. Das Café „Brecht“ also.

So wie es ist, bleibt es nicht, steht an der Wand, und Gott sei Dank gilt das auch für die Sofabelegung. Nach einer Stunde können wir umziehen, und dann sitzen wir endlich nebeneinander, noch ein Glas Wein, und noch eines, wir reden, schweigen, überlegen, ob wir nicht noch einen Tag länger, bevor wir uns müde und gesättigt von den vielen Eindrücken auf den Heimweg machen. Ganz ohne Umwege kommen wir da an, und das auch nur, weil W. manchmal auch in die richtige Richtung geht.

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