heißt das Zauberwort. Ich soll überflüssige Sehnen, Fett und Silberhaut von der Keule entfernen. So habe ich das auf dem Blog eines Jägers gelesen. Von mir aus. Dabei höre ich Schönherz& Fleer, das Rilke-Projekt, das ich mir als MP3 zum Nikolaus geschenkt und seitdem fast nonstop laufen habe. Aber nie regt es mich so auf wie heute. Wie ist das klein, womit wir ringen. Ich könnte wetten, dass weder Herr Rilke noch Herr Simonischek jemals mit einem stumpfen Messer eine Wildschweinkeule pariert haben. Wem ich da noch alles ein „fuck“ entgegengegrolle. Dem Verkäufer. Dem Meister, der mir das Ding ins Haus gebracht hat. Mir, die ich mich habe hinreißen lassen.

Fünf Stunden später – ich habe die Keule mit allerlei Gemüse und Flüssigkeiten bei 130 Grad über 4 Stunden gegart – sitze ich begeistert über meinem Teller und überlege, was ich als nächstes in den Ofen schiebe. Das ist soooo lecker, ich könnte mich hineinsetzen. Nie hätte ich gedacht, dass ich das tatsächlich hinbekomme, dass es noch dazu so gut wird. Auch die Mitesser sind begeistert. Die Italienerin kennt Wild von ihrem Großvater, die Thailänderin ist froh, dass sie irgendwann einmal erzählen kann, dass sie typisch deutsches Essen gegessen hat. Wildschwein, Rotkohl, Klöße. In ihrer Heimat kennt man Wildschwein eher nicht. Es ist exotisch. Ich freu mich, dass sie noch geblieben ist. Eigentlich hätte sie schon bei ihrer Verabredung sein müssen, für die sie eine riesige Portion Curry gekocht hat. 

Der Tunesier kommt erst, als wir schon beim Espresso sind. Er musste das Spiel Marokko gegen Portugal sehen. Es ist nur noch ein winziger Schluck Espresso da, aber er will nicht, dass ich ihm einen neuen mache. Und dann staune ich, weil er mindestens zehn Schlucke aus dem Tässchen nimmt. Das ist eigentlich unmöglich. Da war doch gerade mal der Boden bedeckt. Er lacht. Ja, das ist eine seiner großen Fähigkeiten. Er kann so winzige Schlucke nehmen, dass er mit einem kleinen Kaffee den ganzen Tag im Café sitzen kann. 

 

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