Das Gras der Wiese bewegt sich wellenförmig. Die schlanken Kiefern schwanken. Nur die Eiche steht scheinbar bewegungslos. Der Wind ist immer noch mit 26 km/h unterwegs. Das ist zahlenmäßig gar nicht so viel, aber es reicht, um ein paar Gartenkissen das Fliegen zu lehren. Überall rumpelt und klappert es. Wenn ich die Tür zum Atelier nicht festhalte, wird sie mir aus der Hand gerissen. Heute Nachmittag gab es nur den Platz dicht am Haus, wo ich einigermaßen geschützt in der Sonne sitzen konnte. Um mich herum pfiff der Wind. Das passte zur Lektüre. Die Bonhoeffer-Biografie von Eric Metaxas, die Peter Hahne neulich in einem Vortrag erwähnt hatte und die ich mir pronto bestellt habe.

Unsere Briefträgerin bzw. Brief-Ausfahrerin hat sie mir gestern über den Gartenzaun gereicht. Ein solch dickes Buch passt ja in keinen Briefkasten. Päckchen werden im Dorf durch Hupen angekündigt. Ich habe mich auf der steilen Treppe nach unten fast überschlagen. Lassen Sie sich mal ruhig Zeit, hatte mir die freundliche Frau zugerufen, nachdem sie meine Eile erkannt hatte.

Und nun lese ich. Eric Metaxa schreibt sehr detailliert, sehr spannend auch. Ich kann mich nicht erinnern, ob in der anderen Biografie, die ich 2004 gelesen habe, in der gleichen Weise auf Bonhoeffers Ringen mit der Kirche eingegangen wurde. Nicht mit dem Glauben, nein, mit der Kirche an sich. Schon vor Hitlers Machtergreifung und seinem eindeutigen Bekenntnis zu den Juden (nur wer für die Juden schreit, darf gregorianisch singen oder so ähnlich) hatte er sich gefragt, was die Kirche ist. Was ist ihre Aufgabe? Den Mächtigen auf die Finger schauen. Korrigieren. Sich äußern. Dienst leisten an den Opfern des Staatshandelns. „Die Kirche ist den Opfern jeder Gesellschaftsordnung in unbedingter Weise verpflichtet, auch wenn sie nicht der christlichen Gemeinde zugehören.“ Das haben die Kirchenfürsten längst wieder vergessen. Anders kann ich mir ihr Agieren in den letzten drei Jahren nicht erklären. Vielleicht sollten sie mal wieder Bonhoeffer lesen, anstatt sich mit dem Staat ins Bett zu legen.

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