wurde ich mit Brot, Käse und Wein empfangen. Der Mopedfahrer macht zwar gerade eine Radtour ins Wendland, aber ein guter Freund, der seit ein paar Monaten Asyl in Buckow hat, ist ebenfalls sehr zugewandt und freundlich. Wir kennen uns von Geburtstagen, Tischtennisturnieren, vor allem aber erinnere ich mich gern an einen Ausflug ins Havelland, den wir vor einigen Jahren zu dritt unternommen hatten. Jetzt gibt es nicht nur ein leckeres Frühstück, auch Brote für die Fahrt soll ich mir bitte machen, und dann werde ich auch noch zum Bahnhof Südkreuz gefahren. Was habe ich für ein Glück. Wenn es nur nicht so warm wäre.

Im Bahnhof kaufe ich mir das erste Buch, das mich aus einer Reihe heraus anspricht. „Sophia, der Tod und ich“ von Thees Uhlmann. Zwar habe ich ein Buch dabei, aber das erscheint mir plötzlich nicht mehr passend. „Wer diesen amüsanten, klugen Roman über den Tod nicht liest, hat sein Leben verpasst.“ Zitieren sie auf der Rückseite Herrn Scheck. Na, wenn das mal nicht ein bisschen übertrieben ist.

Der Platz neben mir bleibt frei, so liebe ich das. Die Temperaturen im Zug gefallen mir auch. Es ist nicht zu kalt, nicht überklimatisiert, gerade richtig zum Lesen. Eine schöne Idee hatte der Herr Uhlmann. Es klingelt an der Haustür, dem Protagonisten fällt ein, dass er mal über einen ersten Satz für ein Buch nachgedacht hatte. „Es klingelte an der Tür, und im Treppenhaus roch es noch frisch gebrühten Kaffee.“ Und dann steht da blöderweise der Tod, der ihm entfernt ähnlich sieht, und natürlich hält er das Ganze für einen Scherz. Ist aber keiner. Aber fürs erste springt er dem Tod dann von der Schippe, weil es noch einmal an der Haustür klingelt. Sophia. Die nicht mehr Freundin. So etwas ist nicht vorgesehen, wenn der Tod da ist. Und ehe ich mich versehe, bin ich verschwunden und mitten drin und möchte auch gar nicht wieder heraus. Trotzdem gelingt mir in Bamberg der Umstieg in den Regio, der überfüllt und viel zu warm ist. Der nächste Zug steht dann schon in Würzburg bereit, aber weil ich immer weiter lese, jetzt wird es richtig spannend, verpasse ich in Karlstadt fast den Ausstieg. Das könnt ihr mit mir nicht machen. Es sind nur noch ein paar Seiten.

Der Zug hatte ein wenig Verspätung, mein Bus ist vor drei Minuten abgefahren. Der nächste kommt in einer Stunde. Mir ist heiß. Meine Laune unterirdisch. Mißmutig zerre ich den Trolley hinter mir her, setze mich in ein Café, wo es auch viel zu warm ist, stehe wieder auf, und dann gehe ich in den kleinen Park, wo ich an einen Baum gelehnt – die Bänke haben die Vögel vollgekackt – mit Tränen in den Augen das Buch auslese. Länger hätte ich das jetzt nicht ausgehalten. Und auch wenn ich nicht mein Leben verpasst hätte, ein gutes Buch schon.

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