Mit dem Bus zum Wannsee. Der Intercity Night fährt vom Bahnsteig 8, es sind unzählige Treppen zu bewältigen, bis man den endlich erreicht hat. Der Trolley wird von Meter zu Meter und von Stufe zu Stufe schwerer. Ich verfluche das technische Equipment. Aber da ich die Beerdigung der Tante gleichzeitig für ein Interview nutzen möchte, brauche ich das alles. Während ich unauffällig nach Luft schnappe, überlege ich, wie das alte Leute machen (ich meine richtig alte), und ob die von freundlichen Bahnmitarbeitern vielleicht in einer Art Sänfte zu ihrem Abteil getragen werden.

Zwei junge Männer überholen mich leichten Fußes, kein Wunder, die haben nur einen winzigen Rucksack dabei, aber natürlich fragt keiner, ob er mal mit anfassen dürfe. Der Zugbegleiter, der entspannt auf dem Bahnsteig steht, möchte wissen, ob er mir behilflich sein kann. Natürlich nicht. Eine Wagennummer zu finden ist ja nun ein Kinderspiel im Vergleich zu dem, was hinter mir liegt.

Die Luft im Abteil zum Schneiden, die jungen Männer in den oberen Etagen, ich nehme nicht an, dass es dieselben sind, die mich eben noch überholt haben, sie klappern mit ihren Bierflaschen, und so riecht es dann auch. Erschöpft versuche ich, mir eine Art Bett zu richten. Herr W. hatte mir von seinem Kampf im Liegewagen nach Paris berichtet, ich hatte ihn mitleidig belächelt. Dieser Mann ist manchmal so umständlich, kein Wunder, wenn so einer Probleme mit einem kleinen Laken hat. Jetzt ist es meine Bettnachbarin, die sich in Gedanken vermutlich auf die Schenkel klopft. Sie kichert glucksend. „Very difficult, yes, yes, for me too, very difficult, ha, ha“. Auch die jungen Männer von oben beobachten interessiert, was ich da treibe, und inzwischen bin ich so weit, dass ich am liebsten wieder nach Hause fahren möchte. Aber dann liege ich endlich, die schmalen Bänke sind hart, mir ist warm, vielleicht habe ich Fieber, und außerdem werde ich doch bestimmt gleich ersticken. Einmal falle ich fast aus der Koje, aber irgendwie geht auch diese Nacht vorüber.

In München scheint die Sonne, sogar mein Zimmer kann ich beziehen, jetzt heißt es nur noch wach bleiben und nicht in Panik geraten, weil ich es bin, die bei der Zeremonie  ein paar Worte sagen soll. Noch einmal den Text durchgehen, mir fallen plötzlich so viele komische Momente mit der Tante ein, und wenn sie jetzt hier wäre, würde sie bestimmt sagen, na endlich hörst du auf zu jammern. Ist ja schon gut, ich habe verstanden.

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