In der Nacht neben den üblichen Schmerzen eine leichte Unruhe, die ich immer vor einer Narkose habe. Werde ich wirklich wieder aufwachen? Zum Krankenhaus laufe ich. Langsam. Falls das meine letzten Stunden sind, will ich sie genießen. Wie viel mehr ich sie doch mit einem Kaffee. Aber nein. Absolut nüchtern lautete die Anweisung. Die Blätter an den Bäumen glitzern, die Sonne malt helle Flecken auf den Weg durch das Wäldchen. Was für ein Morgen!

An der Schule wimmelt es von jungen Männern, die sich Kleider und Röcke angezogen und Perücken aufgesetzt haben. Abiprüfung? Als ich längst vorbei bin, bedaure ich, sie nicht gefragt zu haben, ob ich ein paar Fotos machen darf. Einige sahen umwerfend aus. Und benahmen sich, als wären sie Stars kurz vor der großen Bühnen-Show.

Ich bekomme einen Platz in einem 4-Bett-Zimmer. Ab jetzt ist Schwester Conny für mich zuständig. Kompetent. Freundlich. Energisch. Alles ausziehen. Aber ich werde doch nur am linken Bein. Bitte. Entkleide ich mich eben vollständig und schlüpfe in eins dieser bezaubernden Nachthemden. Hinten offen. Und für einen Hinweis bezüglich Rasur wäre ich auch froh gewesen.

Da die erste Patientin krank geworden ist, komme ich schneller dran als eingeplant. Das ist gut. Dann habe ich weniger Zeit, mir Sorgen zu machen. Eine sehr freundliche Ärztin zeichnet eine Menge schwarzer Markierungen auf mein Bein. „Endlich mal jemand, bei dem sich das richtig lohnt. Wie lange haben Sie die denn gezüchtet?“ Noch lache ich. Wenn das operative Geschick des Arztes mit der hier herrschenden Freundlichkeit korrespondiert, dann bin ich in guten Händen.

Schwester Conny fährt mich in den OP-Raum. Natürlich ist auch die Anästhesie-Schwester sehr nett, ebenso der Arzt, alle eben. Jetzt hier die Manschette für die Blutdrucküberwachung, da die Plättchen fürs EKG, und was für eine schöne Vene sie da haben. Mag sein, aber jetzt wird mir doch mulmig. „Oh je!!!!“
Ich werde getätschelt. „Machen Sie sich Sorgen? Müssen Sie nicht.“ „Und wenn ich nun nicht wieder wach werde?“ „Das werden wir zu verhindern wissen. Dazu sind wir schließlich da. Und jetzt denken Sie an was schönes.“
An was schönes? Natürlich fällt mir so schnell nicht das Passende ein. Vielleicht Caputh? Der Blick vom Schiff über den Schwielow-See? Das sind meine letzten Gedanken.

Beim Aufwachen ein fieser Schmerz im ganzen Bein. Aber ich bekomme sofort ein Schmerzmittel, dann döse ich glücklich wieder weg. Ich lebe noch. Die Freude darüber hält die nächsten 5 Stunden. Dann darf ich endlich nach Hause. Laufen ist unangenehm, Bücken geht gar nicht, das Bein ist jetzt schon voller Blutergüsse, aber alles sehr viel besser als tot.
Der Redner holt mich ab, man soll auf keinen Fall alleine heim, und ich bin auch gleich offen für Vorschläge. Eine Kleinigkeit essen? Warum nicht?
In der Nacht ist es dann vorbei mit der Euphorie. Aber das war ja zu erwarten.

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