Um drei fing der kleine Köter mit dem Heulen an. Der große lag friedlich auf seiner Decke. Ich musste aufstehen und eine Ermahnung aussprechen. Schnauze oder Kochtopf. Danach war Ruhe. Die Hallenser Freundin hat im Gästezimmer von dem Krach natürlich nichts mitbekommen. Außerdem kommt sie einem immer gleich damit, das arme Tier hätte schließlich eine schlechte Kindheit in einem polnischen Tierheim gehabt. Daher die Verlustängste, wenn sie nicht in Sichtweite ist. 

Trotzdem bin ich froh, dass ich mich auf diesen Besuch eingelassen habe. Wo ich mich doch erst gesträubt hatte.  Nein. Ich habe am Wochenende andere Pläne. Gäste passen da überhaupt nicht.  Und schon gar keine, die zwei Hunde dabei haben. Mit Hunden bin ich durch. Keine Hunde, keine Menschen, nur der Laptop, ein gutes Buch und ich.

Aber die Freundin war hartnäckig. Sie und ihr Freund würden mich auf gar keinen Fall stören, es ginge vor allem um den Schlafplatz. Wenn ich sie denn wirklich nicht sehen wollte, würden sie den ganzen Tag unterwegs sein. Als ob man so etwas übers Herz bringt. Und eigentlich ist es doch immer schön, wenn wir zusammen sind. Und wann haben wir schon mal die Möglichkeit, so ganz allein ohne die Mädchen? Also meinetwegen. Ihr habt wirklich die Hunde dabei?

Und dann sind sie am Nachmittag da, und wir fangen an zu reden. Wir reden, während wir den Kamin heizen, wir reden beim Abendessen (das die Freundin zubereitet), am nächsten Morgen beim Frühstück. Über Erinnerung, und natürlich auch über Putin und wie die Menschen in Russland über ihn denken, anders als wir, so viel ist klar. Doktor No kennt sich aus, er hat selbst eine Weile im Norden Russlands gelebt, dort auch über das Thema Erinnerung geforscht, Ethnologe eben.

Es ist wohl kein Wunder, dass wir auch auf unsere Familien zu sprechen kommen und wie dort mit dem Thema Erinnerung umgegangen wurde. Denn natürlich gibt es Ähnlichkeiten in der Art und Weise, wie Menschen nach dem Ende der Naziherrschaft und dem Ende der Diktatur des Proletariats ihre Erinnerungen pflegen. Offensichtlich sind wir geneigt, die Vergangenheit ein wenig zu korrigieren. Wir haben es nicht gewusst, wir wussten, aber wollten etwas anderes, aber was hätte man tun können, und so weiter. Tage könnte man darüber reden, sich austauschen.

Jetzt sind die frisch Verliebten in der Stadt unterwegs, während ich großmütig angeboten habe, die Hunde bei mir zu behalten. So großmütig war es natürlich nicht, es ist ja nicht so, dass ich Hunde nicht mag. Ich habe nur Probleme, wenn ich mir etwas vornehme, mich darauf freue, und dann werden die Pläne geändert. Dann soll ich plötzlich soziale Kontakte pflegen, wo ich doch allein sein wollte.  Aber oft ist es dann so, dass ich hinterher froh bin, dass ich ein wenig gezwungen wurde. Weil ich mich nach diesen Gesprächen so lebendig fühle. Geradezu inspiriert. Ich nehme mir vor, mich häufiger mal überreden zu lassen.

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