Beim Frühstück war es in der Küche heute heller als sonst. Und das hat nichts damit zu tun, dass die Sonne mittags höher steht. Das liegt an den geputzten Fenstern. Nachdem wir gestern mit Schwarzwälderkirsch-Torte (der Mann) und Aprikosentarte (die Schreiberin) im Cafe Richter den Nachmittag eingeläutet hatten, wurde ich von wilder Putzwut gepackt. Die Fenster in der Küche sind die modernsten in der Wohnung, zum Auftakt will man ja nicht gleich an die schweren Fälle. Natürlich blieb es dann nicht bei den Fenstern. Dummerweise hatte ich die Brille aufgesetzt.  
Aus mir wird nie eine ordentliche Hausfrau, das hatte meine Mutter schon vor vierzig Jahren richtig erkannt. Überall klebt es. Unter den Regalen, dem Küchenwagen. Und die Ecken erst. Wo ist eigentlich die Schnecke geblieben, die S. dort vor ein paar Wochen gefunden hat? Da nützt auch die Brille nichts, die Schnecke ist weg.

Von der Küche weiter ins Arbeitszimmer. Der Sekretär. Ein schönes altes Stück, das ich vor fünf Jahren bei unserem Einzug hier, unbedingt haben wollte. An dem ich jedoch noch nie gearbeitet habe. Einzig als Stauraum wird das Ding genutzt. Berge von Papier. Manuskripte in unterschiedlichen Stadien. Lauter Sachen, die ich nicht mal so eben wegschmeißen kann. Schuhkartons mit Fotos. Karteikarten in einer Kekskiste. Das Traum-Archiv. Das könnte ich doch vielleicht….

Was nützt es mir zu wissen, dass ich am 25. Juli 1997 geträumt habe, ich hätte eine Freundin mit der Gabel erstochen? Mein Therapeut damals war begeistert. „Wie phantasievoll sie doch sind. Wunderbar.“ „Ja, haben sie denn nicht verstanden, was ich ihnen erzählt habe? Ich wollte meine Freundin erstechen. Mit einer Küchengabel!“ „Das ist doch großartig. Was fällt ihnen denn nun dazu ein? Erzählen sie mal.“

Vielleicht brauche ich eines Tages Stoff für einen Roman. Für ein Drehbuch. Wenn mir nichts mehr einfällt. Die Träume bleiben, wo sie sind.  Die realen Träume tun das schließlich auch. Immer wieder kommt mir die kleine Wohnung auf dem Land in den Sinn. Wie schön es wäre, wenn ich ein paar Tage in der Woche da draußen verbringen könnte. Natürlich muss das finanziert werden. Einsparungen müssen vorgenommen werden. Ein Plan gemacht. Vielleicht führt Ordnung im Außen zu einer Ordnung im Inneren. Vielleicht putze ich noch schnell ein Fenster.

Einen Kommentar schreiben

Ihre Daten werden niemals an Andere weiter gegeben.
Die Email-Adresse wird nicht angezeigt. Notwendige Felder sind so markiert: *

*
*