Manchmal bekomme ich einen Tag nach dem Saunabesuch Kopfschmerzen. Ich habe noch nicht heraus gefunden, woran es liegt, denn das Ritual ist immer dasselbe. Drei Gänge, jeder nicht länger als 15 Minuten, dazwischen Pausen, und wenn alles getan ist, gibt es ein Weizenbier.

Der Versuch, dem Problem heute mit frischer Luft und einem kleinen Spaziergang beizukommen, ist fehlgeschlagen. Also die Verabredung stornieren, Lisbeth Salander muss warten, bis die Berlinale vorbei ist. Arbeiten geht natürlich auch nicht, der Körper hat das Signal „Stopp“ gegeben. Als würde er Entscheidungen treffen, die mir zeigen sollen, dass er klüger ist als ich.  Also gut, mach ich eine Pause.

Am Fenster sitzen, auf die Birke schauen, ein wenig lesen, das geht.  Ich habe mir den schmalen Band von Alan Bennett „Die Lady im Lieferwagen“ gekauft.  Nach einer Weile kommt der Mann ins Zimmer und will wissen, was mich so erheitert. Er hört mein Lachen bis zu sich drüben. Dabei ist es eine Kombination aus Erheiterung, Ekel, Erstaunen und Zuneigung, durch die Alan Bennett mich führt. Er erzählt davon, wie er 1974 einer alten Dame, exzentrisch, wie dies vielleicht nur in England möglich ist, sie lebt seit Jahren in einem Lieferwagen, den hilfsbereite Menschen immer mal ein paar Hundert Meter weiter schieben müssen, wie er also dieser Lady mit ihrer Schrottkiste auf seinem Grundstück Unterschlupf gewährt. Dort haust sie die nächsten 15 Jahre, aber das wird ihm am Anfang nicht klar gewesen sein.

Die Lady trägt aus Staubtüchern genähte Röcke, Hüte aus Eierkartons, und das Problem der Körperhygiene regelt sie auf eine Weise, über die man eigentlich nichts genaueres wissen möchte. Der Geruch muss furchtbar gewesen sein.

Nach ihrem Tod schreibt Alan Bennett: „Sie wirkte auf mich plötzlich wie eine Figur aus einem Roman von Dickens, deren Herkunft und Geheimnis bei der allgemeinen Auflösung vor dem glücklichen Ende enthüllt und erzählt werden muss, auch wenn dieses Happy-End nur hieß, dass ich mein eigenes Auto endlich in die Auffahrt stellen konnte, wo all die Jahre ihr Lieferwagen gestanden hatte.“ Ein wunderbares Portrait, das nicht nur von einer eigenwilligen Frau berichtet, auch der Schreiber ist mir ans Herz gewachsen.

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