Gestern habe ich die ersten Karten gekauft. Zwei Filme am Samstag, einer am Sonntag. Das war kein Problem. Kann ja auch nicht sein, dass die Freundin extra aus Mannheim anreist, und ich stehe da mit leeren Händen. Und wir müssen womöglich vor dem roten Teppich auf und ab laufen, um später wenigstens behaupten zu können, da gewesen zu sein. Ich soll mir keine Umstände machen und einfach das nehmen, was online verfügbar ist. Schrieb sie und machte mich glücklich. Im Moment fehlt mir die Zeit, stundenlang am Potsdamer Platz nach Karten anzustehen. 

Kurz vor 10 sitze ich an meinem Laptop, schau mir noch mal die Liste der Filme an, die ich im Tagesplaner habe. Punkt 10 steigt die Spannung ein wenig, ich aktualisiere zur Sicherheit die Seiten. Nichts tut sich. Panisch wechsle ich in die Programmanzeige, für die meisten Filme sind die Karten ausverkauft, das hat keine 5 Sekunden gedauert. Ich bin so wütend, ich möchte mal wieder den Computer aus dem Fenster. Da! Ein Film, für den ich noch Karten reservieren kann. Als alles ausgefüllt ist, alle Daten eingetragen sind, die Kreditkartennummer, sagt mir plötzlich jemand aus den unendlichen Weiten des Netzes, aufgrund eines Fehlers wäre mein Versuch leider fehlgeschlagen. 

Also zähneknirschend Aufbruch zum Potsdamer Platz. Die bestellten Karten müssen ja auch abgeholt werden. Der Wullenwebersteg eine einzige Eisfläche. Ein Mann beobachtet ein wenig besorgt, wie ich vor mich hin rutsche.  Schon streckt er mir die Hand entgegen, lässt sie wieder fallen. „Die gleichen Verbrecher wie in Amerika.“ Ich verstehe nicht. Er wartet auf mich. „Alles ein Gesocks. Korrupt. Und gestreut wird nicht.“ Ich kann ihm nicht zustimmen, will mich aber auf keine Debatte einlassen. Er geht weiter. Und meckert weiter. „Genau wie in Amerika.“ Also gut, ich habe auch eine Meinung. „Aber die Hausbesitzer müssten selber aktiv werden. Oder die Mieter. Für alles kann man die Politiker nicht verantwortlich machen.“ Das gefällt dem Herrn nicht. Wieder wartet er einen Moment. „Wer hat denn die Gesetze gemacht? Muss doch heute keiner mehr streuen. Alles Kroppzeug. Ich sage es ihnen.“ Er vergewissert sich, dass ich die letzten Meter heil über den Steg komme, dann geht er weiter. „Genau wie in Amerika.“

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