Mit Frau L. rede ich über  immer wieder aufkeimende Existenzängste. Gott sei Dank ist der Termin beim Zahnarzt erst zwei Stunden später, noch kann ich den Mund öffnen. Eine „kleine“ OP nur wird das werden, nichts ernstes, ein paar überflüssige Hautlappen werden beseitigt, die ich mir nachts, wenn ich die Zähne zusammen beiße, zugelegt habe, danach werde ich wieder den Mund aufreißen können und alles wird tres chic aussehen.  

Ich erzähle also davon, wie mich Fragen von interessierten Menschen in Erklärungsnöte bringen. Immer wieder passiert mir das. Ob ich schon einen neuen Auftrag habe. Ob ich weiß, wie es weiter geht. Woran ich gerade arbeite. Ich berichte Frau L., wie ich anfange zu stottern. Natürlich sitze ich über verschiedenen Projekten, ich schreibe dies und das und jenes, aber ob damit in absehbarer Zeit Einnahmen verbunden sind, das steht in den Sternen. Aber natürlich arbeite ich. Viele Stunden. Das ist mir wichtig. Das muss gesagt werden. Denn ich will dazu gehören.

Es ist dieses alte Denken, dass ein Mensch ständig und viel arbeiten muss, schließlich sitzt der Rest der Bevölkerung, all jene also, die nicht arbeitslos sind oder sich in Hartz IV eingerichtet haben, täglich mehr als zehn Stunden in ihren, nun ja, oft ungeliebten Jobs, und so gehört sich das auch. Glaubt doch wohl keiner, dass wir wie die Lilien auf dem Felde oder so.

Ich wünschte, ich wäre so souverän wie ein Freund von Frau L., der Fragen nach seiner Beschäftigung mit „stoffwechseln“ beantwortet. Ich atme ein. Ich atme aus. Mehr ist gar nicht zu tun. Dachte ich mir, als ich Frau L. verließ und ahnte nicht, wie schnell dieser Wunsch in Erfüllung gehen würde. Nach der „kleinen“ OP, die vor allem wegen der Spritzen in die Wangen und dem ekligem Geruch nach verbranntem Fleisch unangenehm war, bin ich auch hauptsächlich mit stoffwechseln beschäftigt. Und die Beantwortung von Fragen muss auf später verschoben werden.

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