ich habe aufgeräumt, geputzt und hoffe, dass die Wohnung so aussieht, wie die Freundin sie vor einer Woche verlassen hat. Mühe gegeben habe ich mir, aber mir fehlt das Talent (oder die Geduld), ich bekomme das nie so picobello hin wie meine Mutter z. B., bei der man ohne Sorge vom Fußboden hätte essen können. So sagte man früher, wenn jemand besonders sauber und ordentlich war. Ach, meine Mutter. Ich kann kaum glauben, dass ihr Tod schon fast ein Jahr her ist. In den letzten Wochen habe ich manchmal Frauen gesehen, die ihr ähnlich sahen. Immer war da so ein kleiner Moment, eine Sekunde nur, in der ich meinte, sie zu erkennen.
Ob sie jemals in Heidelberg war? Gefallen hätte es ihr. Vermutlich hätte sie es „doll“ gefunden. Sie benutzte dieses Wort gern, wenn sie begeistert war. Begeistert war ich nicht, als ich gestern vor der berühmten Schloss-Ruine stand, unter mir die Stadt, der Neckar, eher fühlte ich mich verbunden, irgendwie dazugehörig. Friedlich. All das wird immer noch sein, wenn ich längst nicht mehr bin.
Dann schrieb ich noch schnell dem Herrn W., dass ich mich nun doch auf Florenz freue. Vor ein paar Tagen hatte ich ihm nämlich berichtet, dass ich nirgendwohin möchte. Dass ich mich aufgesaugt fühle von der Ereignislosigkeit und dass ich vielleicht doch zur Eremitin tauge.
Warum muss ich denn weiter (weil du das so wolltest?), warum muss man überhaupt immer etwas unternehmen, erleben (man muss überhaupt nichts, du auch nicht, du kannst noch stornieren)? Ich wollte bei den Hühnern und ihren Hähnen bleiben, deren merkwürdiges Treiben ich seit einer halben Stunde beobachtete, auch die beobachteten mich, die standen hinter dem Zaun im Kreis um mich herum, eine Henne pickte einem Hahn immer in den roten Kamm, der ließ es geschehen, ich hätte noch stundenlang, und den nächsten Tag auch wieder, und den übernächsten. Und dann legt irgendwer einen Schalter um, und dann freu ich mich plötzlich.