Am Schreibtisch sitzen, die Birke beobachten, die sich im Wind wiegt. Kaffee trinken. Zwanzig Minuten Pause. Ich genieße die Ruhe, die heute im Haus herrscht. Nirgendwo bohrt oder hämmert jemand. Auch eine Form des Glücks. Das passt zu den Gedanken der Freundin, deren Essay über das Glück ich gerade las. Klug gedacht, klar formuliert, ein Hauch von Poesie dabei. Chapeau!

Gestern mein vorletzter Termin bei Frau L. , von der ich mich nächsten Montag verabschieden muss.  Was für ein Glücksfall unsere Begegnung war. Zwar wurde sie mir von Freundinnen empfohlen, aber es hätte ja auch sein können, dass wir nicht zusammen passen.

Eine Therapeutin, die ein Herz für Künstler hat (mit der ich Stoffe, Plotskizzen und Themen diskutieren konnte). Was? Sie schreiben? Träumen da seit Jahren von? Dann springen sie, wenn es sich jetzt anbietet. Sie haben Angst? Das gehört dazu. Was ist denn die größte? Dass sie verhungern? Arm sind? Schon kam Post von Freundinnen, die mir versprachen, im Falle eines eintretenden Notstandes Carepakete nach Berlin zu schicken.

Ihr konnte ich nicht nur immer wieder etwas über Schmerzen erzählen, ohne dass sie mich mit Ratschlägen und Fragen in Erklärungsnot brachte, ihr konnte ich auch all meine Zweifel bringen, wenn mich der Mut verließ. Und wenn sich jetzt unsere Wege trennen, dann gehe ich froh und mit dem Gefühl, dass ich mich richtig entschieden habe. Gegen einen sicheren Job und für ein Leben, von dem ich viele Jahre nur geträumt habe. Das mir zwar immer noch Angst macht, aber schon viel weniger Angst als noch vor einem halben Jahr.

Gestern wollte Frau L. wissen, wie meine Pläne für die nächsten Monate aussehen. Also habe ich kühn behauptet, der nächste Schritt bestünde darin, das Drehbuch einer Agentur, einer Produktionsfirma anzubieten. Und weil das gar nicht so dumm ist, und weil der nicht gewinnt, der nicht wagt, werde ich als erstes ein Expose schreiben. Schon wieder. Wo das andere noch nicht einmal fertig ist. Egal.

Also lese ich noch einmal meinen Text, finde natürlich Stellen, die ich verbessern könnte, gerade der Anfang, sollte da nicht? Am Ende, als der beste Freund meiner Protagonistin stirbt, weine ich. Ein Schmerz, als hätte ich tatsächlich einen Freund verloren. Es sind die Abschiede, die mich mit zunehmenden Alter rühren.

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