Die Jubilarin wird hundert. Ein Alter, das heute nicht mehr ungewöhnlich ist, das habe ich vor ein paar Wochen erst gelesen. Weltweit zählt man 450 000 Menschen. Aber nicht jeder Greis bleibt geistig fit bis zum Schluss. Eine Vorstellung, die mir für mein eigenes Alter nicht behagt. Andererseits, was macht es, wenn sie einem die Windeln wechseln, wenn man es nicht mehr mitbekommt? Wenn man sich längst in eine Welt verabschiedet hat, in die einem der Rest nicht mehr folgen kann?

Während ich darüber nachsinne, wie gut meine Gene tatsächlich sind, meine Großmutter mütterlicherseits wurde 84, der Großvater 91, der Großvater väterlicherseits wurde auf der Flucht erschossen, das zählt also nicht, und die andere Großmutter wurde 76, es ist nicht ganz klar, ob es vielleicht gar kein Unfall, sondern, also ich probiere den Hosenanzug an, den ich letzten Winter für den Empfang beim Bürgermeister völlig überflüssigerweise gekauft habe. Überflüssigerweise, weil Jeans und Jackett gut genug gewesen wären, wie ich mit eigenen Augen sehen konnte.

Aber damals dachte ich, einmal im Leben ein gutes Stück, einmal 500 Euro ausgeben, das würde sich doch bestimmt amortisieren. Und die Verkäuferinnen, die mich umstanden, bescheinigten mir echte Klasse. Echte! Ich sah es selbst, die Frau, die mich ein wenig verkrampft aus dem Spiegel anlächelte, trug zeitlosen Chic. Dann fuhr ich zum Fasten, und jetzt ist mir das Ding zu groß. Eine Nummer schätzungsweise. Aber wenn ich an die Wirtschaftskrise, den Islam-Gipfel und an Michael Ballack und das damit verbundene Drama der Deutschen denke, dann ist das natürlich nur ein kleines Problem.

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